Wie ich mich befreit habe!
Ich hab die Geschichte von Dagmar ein wenig so gestaltet, dass ihre Privatsphäre gewahrt bleibt. In der Zeitung schreiben sie immer Namen von der Redaktion geändert.
Ich heiße Dagmar, bin 42 Jahre und lebe mittlerweile wieder in Bayern. Ich hab MS und meine Lebensumstellung konnte nicht krasser sein.
Ich war Krankenschwester und liebte meinen Beruf über alles. Als die Diagnose feststand reagierte ich mit extremer Ablehnung. Alles in mir wehrte sich dagegen. Irgendwann funktionierte das Ignorieren nicht mehr und ich entwickelte eine mich lähmende Depression. In dieser Zeit war ich wohl eine echte Plage für meine Familie.
Ich ließ den Befund des Neurologen mehrmals prüfen, doch es blieb eindeutig. Ich hatte also eine unheilbare Krankheit. Mein eigenes Immunsystem griff meine eigenen Nervenzellen an. Ich konnte es nicht begreifen und auch nicht annehmen.
Parallel zur Depression tat ich was ich immer tat, wenn ich in einer ausweglosen Situation war. Ich aß und aß. Das waren meine Kompensationsmechanismen, die sich bei mir seit frühester Kindheit bewährt hatten. Die MS war eine besonders schnell voranschreitende Hexe, wie ich sie nannte.
Als ich meinen Beruf aufgeben musste, brach eine Welt für mich zusammen. Ein Schub folgte dem nächsten und bis ich mich versah saß ich im Rollstuhl, halbseitig gelähmt. Kurz danach wurde ich an einem Auge auch noch blind. Ich war zu nichts mehr zu gebrauchen. Ich konnte nicht mehr Autofahren und war auf fremde Hilfe angewiesen. Das war mir ein Greul und meine Abwehr gegen diese Form von Hilflosigkeit kräftezehrend.
Mein Mann trennte sich von mir
Es brodelte wohl schon länger in ihm. Er sagte, er sei noch jung und kein Krankenpfleger. Seine Eltern unterstützten ihn in seiner Sichtweise, sie haben mich eh nie akzeptiert. (mein Thema) Meine Schwiegermutter nutzte diese Gelegenheit um meine Kompetenz auch in Erziehungsfragen zu untergraben.
Ich schrie und weinte, lautlos wie immer. Mein Sohn war damals 9. Meine Familie versuchte für mich da zu sein und auch meine alten Arbeitskollegen und meine Freunde. Doch sie hatten es in dieser Phase nicht leicht mit mir. Ich bekam große Mengen an Cortison und ich aß immer mehr.

Irgendwann half das Cortison, denn meine verwaschene Sprache besserte sich und auch die Lähmung ging teilweise wieder zurück. Eine Zeit lallte ich richtig, verschluckte ganze Wörter oder verdrehte was ich eigentlich sagen wollte. Wenn ich aufgeregt war, kam nur Kuddelmuddel raus.
Meine Schwiegermutter beschuldigte mich heimlich zu trinken und mein Mann stellte sich nicht schützend vor mich. Das war eine herbe Enttäuschung.
Dieses Verhalten hat mich regelrecht erbost und eine Zeitlang war ich dauerwütend auf ihn und seine Familie. Mittlerweile weiß ich, wie Wut und Zorn, sowie Ablehnung alle Heilungsvorgänge blockieren. In so einem Umfeld kann niemand gesund werden.
Später während der Reha, hab ich meinen jetzigen Mann kennengelernt. Schon nach kurzer Zeit heirateten wir. Er hat ebenfalls MS. Wir waren von Anfang an wie gute und vertraute Freunde, wir halten zueinander und wissen was wir aneinander haben. Ihm erging es ähnlich wir mir.
Auch er war als sog. Krüppel in der Familie seiner Frau nicht mehr erwünscht. Seine Frau war Lehrerin, seine Schwiegermutter und sein Schwiegervater ebenfalls, nur an unterschiedlichen Schulen. Schrecklich zu wissen, dass solche Menschen unsere Kinder miterziehen. Empathie und Mitgefühl kannten sie nicht.
Sie belehrten ihn, was er alles falsch macht und wieso er so krank geworden ist. Er musste sich anhören: „ Du bist doch selber schuld.“
Falls dir mal so was wiederfahren sollte,
dann erinnere dich an mich und laufe weg,
so weit wie nur möglich.
Vor 5 Jahren wurde ich noch mal schwanger. Durch die hormonelle Umstellung besserte sich mein Gesundheitszustand fast radikal. Es ging mir so gut wie schon lange nicht mehr. Während einer Schwangerschaft wird das Hormon Prolaktin gebildet. Dieses Hormon reparierte die schützende Isolierschicht um die Nervenzellen.
Mein Neurologe und Gynäkologe haben sich in dieser Zeit sehr gut um mich gekümmert.
Der nächste Schicksalsschlag … als ob es nicht reichen würde
Kaum war unser Sohn geboren, erlitt mein Mann einen neuerlichen Schub mit gigantischen Ausmaßen. Das Gehirn entzündete sich und er wurde für fast ein Jahr zum Pflegefall. Wir bekamen viel Unterstützung, doch es war für uns alle sehr hart.
Nicht nur die Depression sondern auch die Esssucht kehrten wieder zurück. Ich war wieder mal voller Zweifel, Wut, Abwehr und unsäglicher Traurigkeit. Dann ganz plötzlich wieder Gangstörungen, Sehstörungen, keine Kraft in den Beinen und Armen und das mit einem Kleinkind. Morgens war ich unsagbar müde und ich wusste nicht wie ich den Alltag bewältigen sollte.

Im Gehirn fanden sich wieder mehrere entzündliche Herde und gleichzeitig vertrug ich die MS Medikamente nicht mehr. Ein Infekt nach dem anderen folgte, dann kam ein Milzinfarkt dazu – die Leukos sanken bedenklich und ich war wieder mal auf fremde Hilfe angewiesen.
Die weißen Blutkörperchen sanken so tief, dass mein Leben akut gefährdet war.
Dann ein Lichtblick. Eine Freundin empfahl mir eine Heilpraktikerin, sie sagte Sylvia hat Zauberkräfte. Ich konnte nicht mal hin. Wir haben viele Stunden telefoniert. Bereits am Telefon machten wir eine Atemübung, dann einen BodyScan, dann half sie mir mich an etwas zu erinnern, bei dem ich Lächeln musste, was mir extrem schwer fiel. Doch sie ließ nicht locker. Irgendwann klappte es.
Ich musste alles noch mal wiederholen und etwas finden wofür ich sehr dankbar war und bin. Ich sollte es fühlen, obwohl ich doch nichts fühlte. Diese Übungspraxis war für mich wirklich schwer.
Ich dachte damals Sylvia ist ein bisschen verrückt. Was hat das mit der Hexe MS zu tun. Gleichzeitig fühlte ich mich von Anfang an mit ihr verbunden. Wer telefoniert schon stundenlang mit einer wildfremden Frau ohne nach Geld zu fragen. Nun Sylvia hat mir das Leben gerettet.
Wir vereinbarten ein weiteres Telefonat am nächsten Tag. Sylvia sagte damals zu mir am Ende des Gesprächs: „Dagmar, du bist auf dem richtigen Weg.“ Ich wusste nicht was sie damit meinte.

In dieser Nacht legte ich einen Schalter um. Irgendwie verstand ich, dass ich die Hexe MS akzeptieren sollte. Ich verstand, dass Akzeptanz mir Kraft gibt und weitere Ablehnung mich Kraft kostet. Ich entschied mich für Akzeptanz.
Es ist für mich keine böse Hexe MS mehr, aber auch keine gute, es ist nur eine Bezeichnung, mehr nicht.
In dieser Nacht spürte ich meine Kraft wieder. Diese Kraft fühlte sich unfassbar berührend an. Ich weinte Tränen der Trauer, Tränen voller Glück und Erleichterung. Ich konnte endlich wieder weinen und traf eine Entscheidung.
Ich Dagmar übernehme die volle Verantwortung für mich, für meine Kinder und für mein Leben.
Im Laufe der nächsten Tage und Wochen wiederholte ich die Übungen aus der Achtsamkeit. Ich lerne meine Grübelgedanken nicht wichtig zu nehmen und aus dem Hamsterrad auszusteigen.
Nach und nach lernte ich die verschiedenen Stimmen in meinem Kopf und auch ihre Bedürfnisse kennen. Sylvia machte mich auf die vielen Stimmen im Kopf aufmerksam und welche Macht sie hatten. Ich legte meine ganze Kraft und Aufmerksamkeit auf die Lösung und nicht auf das was nicht funktionierte.
Ich wollte die Macht über mein Leben zurück
Ich mache täglich meine Atemübungen und den BodyScan. So merke ich rasch, wenn ich mich wieder mal überfordere. Über den Tag verteilt spreche ich mit meinem Herzen, mit meinem Körper und höre genau hin, was sie mir zu sagen haben. Ja, das geht. Ich merke, wenn es in mir eng und dunkel wird. Dann mach ich noch andere Übungen die mir helfen mich zu entspannen.
Die Praxis der Achtsamkeit kannst du überall erlernen

Am liebsten sind mir die kurzen Übungen, wo ich mein nach außen
orientiertes Bewusstsein wieder zu mir heranziehe, um ganz bei mir zu sein. Als Sylvia und ich uns nach etlichen Telefonaten begegneten, sahen wir uns in die Augen und aus Gründen die ich mir nicht erklären kann, wusste ich um unsere Verbindung, eine Art tieferes Verständnis, ein Sich-Wiedererkennen auf der menschlichen Ebene und die Gewissheit, dass wir auf demselben Weg sind.
Mittlerweile bin ich regelmäßig in einer Selbsthilfegruppe. Hier sind Menschen die ihre Erfahrungen teilen und keiner badet im Selbstmitleid. Das wäre für mich unerträglich.
Hier sind Menschen, die voller Lebensmut, Humor und Zuversicht ihr Leben meistern. Der Kontakt zu Gleichgesinnten stärkt auch mein Selbstbewusstsein. Ich entschuldige mich nicht mehr andauernd. Stattdessen bedanke ich mich auch für jede Erfahrung in der Vergangenheit.
Die Großeltern meines älteren Sohnes meinen zwar immer noch, dass ich die MS wegen meinem schlechten Lebenswandel und Ernährungsgewohnheiten hab, doch es macht mir nichts mehr aus.
Meinem Sohn erzählen sie immer noch regelmäßig, dass ein schlechter und ungesunder Lebensstil die MS ausgelöst hätte. Eines Tages wird er sie meiden.
Seit ca. einem Jahr sitze ich nicht mehr ständig im Rollstuhl. Nur noch hin und wieder bei Bedarf. Ich bin zweimal in der Woche im Reha Sport. Auch daheim mach ich meine muskelaufbauenden Übungen, auch welche um mein Gleichgewicht zu halten.
Auch das Intervallfasten möchte ich nicht mehr missen. Sylvia hat es mir gut erklärt und es ist in meinem Leben gar kein Problem es zu integrieren. Das kannst du auf ihrer Homepage nachlesen (Macht Fasten glücklich?). Darüber gibt es viel Literatur.
Mittlerweile hab ich schon 2 Kleidergrößen weniger und die Entzündungsmarker sinken ebenfalls, fast wie von selbst. Das freut mich natürlich sehr.

Am Anfang konnte ich nur ca. 500 Meter gehen ohne mich hinsetzen zu müssen. Jetzt komme ich schon auf fast 4 Kilometer. Unfassbar – ich bin stolz auf mich. Ich habe angefangen mich für Heilkräuter und die Naturheilkunde allgemein zu interessieren.
Ich lese viel darüber, probiere aus und behalte, was sich gut und richtig anfühlt, nur für mich. Auch hier bin ich in die Gänge gekommen.
Meine Sensibilität und Stabilität nimmt zu und ich kann mich mehr und mehr (wieder) auf mich selbst verlassen. Ergotherapie hab ich auch noch jede Woche, sie hilft mir sehr.
Jeden Morgen gleich nach dem Aufstehen verbinde ich mich mit mir selbst. Ich bin für mich selbst verantwortlich. Schübe, die sich anmelden, kann ich jetzt deutlich wahrnehmen und gegensteuern. Das heißt, ich mach z.B.: eine Selbstmitgefühl Übung, danach denke ich anders, handle bewusst für mich und nicht gegen mich.
Auch hab ich mich von allen Menschen getrennt die mir nicht gut tun
Ich hab tatsächlich einen Inneren Beobachter, der mir meldet, wenn wieder was nicht stimmt. Bewusst jeden Tag leben, als wäre es dein letzter, das hat mir Sylvia an Herz gelegt.
Mein neues Leben hat mit Akzeptanz begonnen
Seitdem tu ich alles um meine eigenen Inneren Selbstheilungskräfte zu stärken und vermeide alles was diese Kräfte schwächt. Ich fühl mich wie befreit und spüre, dass noch viel mehr für mich möglich ist. Ich nehme kaum noch chemische Medikamente. Jeder muss sich selbst einlesen und schlau machen.
Kein Mensch, auch kein Arzt kann die Verantwortung für dich übernehmen. Sie wissen auch nicht mehr als das was in dem Beipackzettel steht. Lasse dich gut beraten, hole dir eine Zweitmeinung ein, stelle gute Fragen, werde soweit es dir möglich ist zum eigenen Experten, achte auf die menschliche Ebene zwischen dir und deinem Therapeuten, dann entscheide dich und mach den ersten Schritt.
Momentan ist eine Körperhälfte noch immer taub, doch nicht mehr so schlimm. Vor allem steigere ich mich nicht in die bekannte Abwehr hinein. Wenn ich es merke, entspanne ich mich sofort ganz bewusst. Ich vertraue mir selbst und meinen Inneren Kräften. An manchen Tagen spür ich dieses eigenartige Kribbeln im Nacken, dann klingeln wieder alle Alarmglocken. Ich mach mir das bewusst und mach was dafür, dass das Klingeln aufhört und sich wieder Zuversicht ausbreitet.
Auch verlasse ich immer seltener meine Mitte und wenn es mir doch wieder passiert, dann weiß ich ja, wie ich wieder zurückkehren kann.
Das wichtigste ist wohl, ich bin innerlich nicht mehr gelähmt. Meine Sehstörungen haben sich gebessert und wenn ich spreche hab ich kaum noch Aussetzer, außer ich bin gestresst. Dann mach ich gleich wieder meine Atemübungen. Und das Beste, ich kann wieder Autofahren.
Ich hab gelernt Krisen als solches wahrzunehmen ohne einen gedanklichen Horrorfilm zu drehen. Ich kann meine Gedanken, Gefühle und Empfindungen beobachten und mich nicht mehr mit ihnen identifizieren. Dadurch bewahre ich mir immer öfter und immer länger die nötige und gesunde Distanz.
Eines bin ich mir absolut sicher:
Nur wenn du dich
selbst akzeptierst,
kannst du etwas ändern
Sylvia hat mir, einem anfangs fremden Menschen, ihre Zeit und Aufmerksamkeit geschenkt. Sie führte mich in nur wenigen Stunden in eine Art von Magie ein, von der ich bis zum heutigen Tag Gebrauch mache. Die Übungen und Techniken sind Jahrtausendealt.
Heute weiß ich, dass es möglich ist den Inneren Heiler wachsam zu halten. Wir alle können uns täglich neu entscheiden achtsam zu sein um klare und nützliche Entscheidungen zu treffen.
Ich bin sehr dankbar dafür, Methoden parat zu haben, um mich bewusst manchmal auch direkt in meinen emotionalen Schmerz hinein zu entspannen.
Gehe auch du deinen Weg.
Herzliche und dankbare Grüße
Dagmar
Vielen Dank Dagmar für deine Offenheit. DANKE
Anmerkung von mir (Heiner):
Liebe Sylvia und liebe Dagmar ich sehe in diesem Bericht so viele parallelen zu meiner Geschichte. In der Not erkennst Du Deine Freunde und auch Feinde! Vielen dank das Du mir diese Geschichte gesendet hast und mir auch erlaubt hast das ich es Veröffentlichen darf. Das Ziel ist doch, anderen „gleichgesinnten“, unsere Erfahrungen weiter zu geben.